12.1 Begriffe

(1)
Ladepunkt: Einrichtung zum Aufladen von Elektrofahrzeugen, an der zur selben Zeit ein einziges Elektrofahrzeug aufgeladen werden kann.

(2)
Ladestation: Einrichtung zum Aufladen von Elektrofahrzeugen. Eine Ladestation kann einen oder mehrere Ladepunkte beinhalten.

(3)
Ladeanlage: Eine Ladeanlage beinhaltet mehrere Ladestationen und idealerweise ein da-zugehöriges Lastmanagementsystem.

(4)
Ladeinfrastruktur: Die Ladeinfrastruktur beinhaltet eine Ladestation oder Ladeanlage sowie die dazugehörenden Installationen, Überstromunterbrecher, Mess- und Steuerleitungen, etc.

(5)
Lademanagement: Das Lademanagement beschreibt die Regelung eines Ladevorgangs. Dabei werden für die Steuerung des Ladevorgangs unter anderem Parameter wie der Ladezustand und die Temperatur des Hochvoltakku, die Leistung des Ladegeräts und die Anschlussleistung der Wallbox berücksichtigt.

(6)
Lastmanagement: Das Lastmanagement beschreibt die Regelung des Ladevorgangs innerhalb eines Gebäudes oder Areals. Dies kann beispielsweise eine Tiefgarage eines MFH oder ein Parkplatz eines Unternehmens sein. Es verhindert die Überschreitung der maximalen Bezugsleistung am (Haus-)Anschlusspunkt und berücksichtigt weitere Eingangsgrössen (z.B. für die Optimierung mit der PV-Anlage, Umsetzung spezieller Tarife) des lokalen und übergeordneten Lastmanagements.

(7)
Lastmanagement, lokal: Das lokale Lastmanagement regelt die gesamte Ladeleistung und berücksichtigt dabei die maximale Bezugsberechtigte Leistung am Anschlusspunkt, Sollwerte aus dem übergeordneten Lastmanagement und andere Apparate wie eine Wärmepumpe oder Produktionsanlagen.

(8)
Lastmanagement, übergeordnet: Ein Dienstleister (z.B. SDL Pooler, Community Betreiber) kann mit dem übergeordneten Lastmanagement seinen Businessmodell umsetzen oder ein Lieferant seine Energiebeschaffung optimieren. Ein Verteilnetzbetreiber kann ein übergeordnetes Lastmanagement für die Optimierung des Netzausbaus und Netzbetriebs nutzen.

(9)
Lastreduktion: Um eine unmittelbare erhebliche Gefährdung des sicheren Netzbetriebs abzuwenden, darf der Netzbetreiber auch ohne Zustimmung oder Entschädigung des betroffenen Endverbrauchers, Erzeugers oder Speicherbetreibers die Bezugs- und Einspeiseleistung steuern. Dies wird als Lastabwurf bezeichnet. Im Gegensatz zum Lastabwurf wird bei Lastreduktion die Last nicht einfach von der Versorgung getrennt.

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12.2 Allgemeines

(1)
Für die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge gelten bezüglich Meldewesen, Anschluss und Betrieb, etc. die gleichen Bestimmungen wie für Verbraucheranlagen (vgl. Kapitel 8) und elektrische Energiespeicher (vgl. Kapitel 11) sowie die NIN [3].

(2)
Ein- und zweiphasiger Bezug an Ladestation ist nur bis 16 A zulässig. Dem VNB ist dies auf Verlangen mit der Konformitätserklärung nachzuweisen.

(3)
Der Netzanschlussnehmer muss sicherstellen, dass die Bezugsberechtigte Anschlussleistung unter Berücksichtigung des gesamten Leistungsbezugs nicht überschritten wird. Bei mehreren Ladestationen hinter dem gleichen (Haus-)Anschlusspunkt kann dies beispielsweise über ein lokales Lastmanagementsystem erfolgen. Zudem ist sicherzustellen, dass keine unzulässige Unsymmetrie entsteht (vgl. Kapitel 1.6).

Werden zwei oder mehrere Ladestationen angeschlossen, so schreibt die AE ein Lastmanagement vor (beispielsweise im Fall von Mehrfamilienhäusern, Garagen für Flotten, privaten oder öffentlichen Parkplätzen usw.). Verwaltung, Eigentümer, Stockwerkeigentümer usw. müssen informiert werden.
Hinweis: Achtung! Werden nachträglich Ladestationen bewilligt und erstellt, besteht die Gefahr, dass die Absicherung des Hausanschlusses auslöst. Eigentümer sind selbst verantwortlich, dass die gesamt verfügbare Leistung vom Hausanschluss nicht überschritten wird (ist nicht Sache der Netzbetreiberin).

(4)
Sind Ladeanlagen eigenständige Kundenanlagen (z.B. Dienstleister betreibt Anlage im Einkaufszentrum) benötigen sie eine definierte Übergabestelle ((Haus-)Anschlusspunkt, vgl. Abbildung 2) mit einer entsprechenden Messung nach Vorgaben des VNB.

(5)
Für öffentliche Ladestationen oder Ladeanlagen müssen in der Regel hohe Anschlussleistungen bereitgestellt werden, die unter Umständen eine eigene Transformatorenstation oder Netzverstärkungen erfordern können. Die Vorgaben dazu bestimmt der VNB. Es ist daher frühzeitig mit dem zuständigen VNB-Kontakt aufzunehmen.

(6)
Bezüglich Netzrückwirkungen ist auf Verlagen des VNB eine Beurteilung nach D-A-CH-CZ [4] einzureichen.

(7)
Für den Anschluss von Ladeanlagen sind allenfalls weitere Bestimmungen des VNB zu beachten.

12.3 Ansteuerbarkeit

(1)
Um bei einer unmittelbaren Gefährdung des sicheren Netzbetriebs (vgl. Kapitel 1.9.4) die Leistung von Ladestationen oder Ladeanlagen temporär zu reduzieren, sind diese mit einer Leistung von mehr als 3,7 kVA mit einer Steuermöglichkeit für den VNB auszurüsten. Diese Steuerung geht der Nutzung der Flexibilität vor, welche nicht Teil der Werkvorschriften ist (vgl. Kapitel 1.9.5). Ladestationen, die nicht der regelmässigen Nutzung dienen (z.B. temporärer Einsatz bei Events oder Ähnlichem) sind davon ausgenommen.

(2)
Der VNB kann dazu das Verhalten der Ladestationen und -anlagen bezüglich maximalem und minimalem Ladestrom, der Ladestromreduktion, der Unterspannungsauslösung und der Unsymmetrieüberwachung festlegen.

(3)
Um diese Anforderung für die Elektrofahrzeuge verträglich umzusetzen, wurde die Verbändeleitlinie «Anforderungen für die Ansteuerbarkeit von Ladestellen der Elektromobilität» [15] erarbeitet. Detaillierte Angaben sind dem Handbuch des VSE «Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität» [16] zu entnehmen. Die Ansteuerbarkeit wird durch eine Kommunikationsverbindung vom VNB Steuergerät (intelligentes Steuer- und Regelsystemen) zu Ladestationen und -anlagen oder zum lokalen Lastmanagementsystem sichergestellt (vgl. Schema A 12.3 im Anhang). Aufgrund von zukünftigen Möglichkeiten bezüglich digitaler Schnittstelle wird empfohlen, eine Kommunikationsleitung für mindestens Schutzkleinspannung und den Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) auszulegen. Alternative Kommunikationsverbindungen (Kabellos) sind bezüglich Ansteuerbarkeit und Sicherheit mit dem VNB abzusprechen.

(4)
Zur Gewährleistung eines sicheren Netzbetriebs gelten für Ladestationen und -anlagen im öffentlichen Bereich bezüglich Ansteuerbarkeit die gleichen Anforderungen wie beim Laden im privaten Bereich.

(5)
Für gesteckte und andere Anlagen, welche diesen Standard nicht unterstützen, kann in Absprache mit dem VNB eine andere Form der Ansteuerung (z.B. Lastschaltgerät oder Schaltschütz in der Zuleitung) eingesetzt werden.

Bei Ladestationen oder Steckdosen für Elektrofahrzeuge muss für einen möglichen Last- oder Einspeiseabwurf eine Steuermöglichkeit vorgesehen werden.

Die netzdienliche Steuerung der Ladestationen für Elektrofahrzeuge muss jederzeit möglich sein, d.h. es sind entsprechende Vorkehrungen wie Reserverohre und Platzbedarf für Steuereinheiten auf den Verteilungen vorzusehen. Für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit bei allfälligen Netzengpässen ist der VNB berechtigt, Ladestationen für Elektrofahrzeuge unmittelbar und ohne vorherige Ankündigung für die Dauer des Netzengpasses vom Netz zu trennen.

Bis 22 kW Ladestrom gilt:
Die spätere, netzdienliche Steuerung der Ladestationen für Elektrofahrzeuge muss jederzeit möglich sein, d.h. es sind entsprechende Vorkehrungen wie Reserverohre und Platzbedarf für Steuereinheiten auf den Verteilungen vorzusehen.
Die Kosten gehen zu Lasten des Eigentümers bzw. Betreiber der Ladestation.

Ab 22 kW Ladestrom gilt:
Die AE verlangt die Installation der hierfür notwendigen technischen Ausrüstung in Form einer Sperrvorrichtung. Diese Sperrung muss über das Lastschaltgerät (LSG) oder den Zähler der AE gesteuert werden können.
Die Kosten gehen zu Lasten des Eigentümers bzw. Betreibers der Ladestation.

12.4 Bidirektionales Laden

(1)
Bidirektionale Ladestationen können installiert und betrieben werden, sofern sie so beim VNB angemeldet und bewilligt werden. Sie müssen sinngemäss wie dezentrale Speicher behandelt werden, wenn diese Energie ins Netz zurückgespeist wird. (VSE Handbuch Speicher und VSE NA EEA NE 7).

(2)
Die aus dem Verteilnetz bezogene, zwischengespeicherte und wieder eingespeiste elektrische Energie kann messtechnisch nicht eindeutig bzgl. ihrer Herkunft (Netz, Eigenproduktion) differenziert werden. Deshalb werden bidirektionale Ladestationen bei der Verrechnung des Netznutzungsentgeltes, des Netzzuschlags und der Abgaben an das Gemeinwesen wie Endverbraucher behandelt. Daher bietet sich für die Energie aus der Fahrzeugbatterie vor allem die Nutzung innerhalb des Gebäudes (Vehicle to Home, V2H) zur Eigenverbrauchsoptimierung an.

(3)
Die Vorgaben im Energiegesetz (EnG) zur Abnahme und Vergütung von Energie betreffen nur Produktionsanlagen, welche erneuerbare Energie produzieren und nicht Energie, die aus Speichern zurückgespeist wird. Für die vom Fahrzeug in das Verteilnetz eingespeiste Energie besteht daher wie für dezentrale Batteriespeicher keine Abnahme- und Vergütungspflicht durch den VNB.

(4)
Mögliche Installations- und Messkonzepte sind dem VSE Handbuch Speicher (HBSP) zu entnehmen. Weder im vorliegenden Dokument noch im HBSP wird die Handhabung von bidirektionalen Ladestationen explizit beschrieben.

(5)
Ein Speicher, welcher Energie in das Verteilnetz zurückspeisen kann, ist in Bezug auf den NA Schutz wie eine EEA zu behandeln. Details dazu sind im VSE Branchendokument NA/EEA NE-7 beschrieben.